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Geschichte

Warum Cannabis illegal wurde: Die Rolle von Harry Anslinger und sein Kampf gegen Cannabis

Harry Anslinger, der von den 1930er Jahren bis in die 1960er Jahre als Chef des amerikanischen Drogendezernats fungierte, ist eine zentrale Figur in der Geschichte des Kampfes gegen Cannabis. Sein rigoroser Kreuzzug gegen die Pflanze und ihre Konsumenten prägt die Drogenpolitik bis heute. Um seine Rolle und die Auswirkungen seiner Kampagnen besser zu verstehen, müssen wir einen Blick auf die historischen Entwicklungen werfen, die zu seiner Amtszeit führten.

Die Prohibition und der Beginn des Kampfes gegen Cannabis

Im Januar 1920 wurden die USA per Gesetz „trockengelegt“: Der Konsum und Handel von Alkohol waren während der Prohibition verboten. Während die wohlhabenderen Schichten weiterhin illegal hergestellten Alkohol konsumierten, griff die ärmere Bevölkerung vermehrt auf Marihuana zurück, das aus Mexiko und von karibischen Zuckerrohrplantagen eingeführt wurde. Doch ab 1933, mit dem Ende der Prohibition, wurde auch der Besitz und Konsum von Cannabis verboten. Es begann ein Kampf gegen die Pflanze, der weit über gesundheitliche Bedenken hinausging.

Cannabis im 19. Jahrhundert: Ein weit verbreitetes Genussmittel

Die psychoaktiven Substanzen des Hanfs sind dem Menschen seit Jahrhunderten bekannt. Im 19. Jahrhundert wurde THC-haltiger Hanf oft als Genussmittel konsumiert. Ein Beispiel dafür ist Wilhelm Buschs Bildergeschichte "Krischan mit der Piepe". THC-haltiger Ahornsirup-Haschisch-Konfekt gehörte 1860 zu den beliebtesten Süßigkeiten der USA, und Cannabis-Extrakte waren in Apotheken erhältlich und wurden sogar Kindern verschrieben. Cannabis galt als beruhigend, stimulierend und antibakteriell.

Der Wandel: Vom Genussmittel zum verbotenen Stoff

Im späten 19. Jahrhundert entstanden in den USA puritanische Bewegungen, die ein alkoholfreies Amerika forderten. Diese Bewegung gewann an Macht, unterstützt von Industriellen wie John D. Rockefeller, der Kneipen als Orte politischer Zusammenkünfte der unteren Schichten sah. Als die Alkohol-Prohibition 1933 endete, standen Tausende von Polizisten und Beamten ohne Arbeit da. Die US-Regierung unterstützte daraufhin das „Federal Bureau of Narcotics“, welches unter Harry Anslinger einen großangelegten Kampf gegen Cannabis begann.

Anslingers Kreuzzug gegen Cannabis

Harry Anslinger, der erste Chef des Federal Bureau of Narcotics, nutzte seine Position, um eine massive Kampagne gegen Cannabis zu führen. Unter seiner Führung wurden Tausende Amerikaner wegen Cannabis-Besitzes verhaftet. Seine Kampagne war von Geltungssucht, Misstrauen und rassistisch motivierter Abneigung gegenüber den schwarzen Amerikanern geprägt, die vermehrt Cannabis konsumierten. Anslinger stellte einen Zusammenhang zwischen Cannabis und Kriminalität her und nutzte aufwendige Werbekampagnen, um seine Botschaft zu verbreiten.

Die Rolle der Industrie und die Auswirkungen

Anslingers Kampagne wurde von mächtigen Industrien unterstützt, die den Hanf als Rohstoffkonkurrenten beseitigen wollten. Der Chemiekonzern DuPont und der Zeitungsmagnat Hearst förderten das Bureau of Narcotics finanziell. 1937 setzte der Marihuana Tax Act dem Hanfanbau in den USA ein abruptes Ende.

Die internationale Dimension: Die Single Convention

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Anslinger zu den Vereinten Nationen versetzt, wo er die „Single Convention on Narcotic Drugs“ einführte, die Cannabis bis heute als eine der gefährlichsten Drogen klassifiziert. Diese Konvention prägt die internationale Drogenpolitik bis heute und ist ein direktes Erbe von Anslingers Anti-Cannabis-Kampagne.

Fazit: Ein Erbe der Diffamierung und des Widerstands

Die Geschichte von Harry Anslinger und seinem Kampf gegen Cannabis zeigt, wie tief verwurzelt und weitreichend die Auswirkungen von Politik und Propaganda sein können. Bis heute sind die irrationalen Elemente seiner Kampagne im US-amerikanischen und europäischen Denken spürbar. Die 68er-Bewegung nutzte den Cannabis-Konsum als Ausdruck des Protests gegen bestehende politische Verhältnisse – ein deutlicher Hinweis darauf, wie stark politische Entscheidungen das gesellschaftliche Verhalten beeinflussen können.In Erinnerung an diese historische Phase ist es umso wichtiger, den aktuellen Diskurs um Cannabis mit einem kritischen Blick zu betrachten und aus der Vergangenheit zu lernen.