Das neue Cannabisgesetz, das am 1. April in Kraft getreten ist, wurde von vielen als ein großer Schritt hin zur Entkriminalisierung des Cannabiskonsums in Deutschland gefeiert. Es versprach mehr Freiheiten und weniger rechtliche Grauzonen für Konsumenten. Doch trotz der Aufbruchsstimmung gibt es einige Details, die weiterhin für Stirnrunzeln sorgen, darunter der THC-Grenzwert.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat kürzlich in einem Beschluss klargestellt, dass der Grenzwert für die "nicht geringe Menge" von Tetrahydrocannabinol (THC) – also jene Menge, die bei Überschreitung zu strafrechtlichen Konsequenzen führt – auch nach der Gesetzesänderung unverändert bei 7,5 g bleibt. Diese Entscheidung ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil sie direkt gegen die Empfehlungen des Gesetzgebers steht, der in Anbetracht der legalisierten Mengen eine Anhebung des Grenzwerts für angemessen hielt.
Warum ist der Grenzwert so wichtig?
Die Festlegung der Grenze von 7,5 g THC hat weitreichende Folgen für die Cannabis-Community. Denn obwohl das neue Gesetz den Besitz von 25 bis 50 g Cannabis pro Person erlaubt, bleibt die Menge des psychoaktiven Wirkstoffes THC, die zu strafverschärfenden Konsequenzen führen kann, relativ niedrig. Das bedeutet, dass Personen, die mit einer Menge von über 7,5 g THC erwischt werden, immer noch mit schweren Strafen rechnen müssen, auch wenn der Gesamtbesitz unter dem legalen Limit liegt.
Wie weiß ich, ob ich die 7,5 Gramm überschreiten würde?
Um zu verdeutlichen, wie schnell man die Grenze von 7,5 Gramm THC erreichen kann: Bei 50 Gramm Cannabis mit einem THC-Gehalt von 10% enthält man bereits 5 Gramm THC. Steigt der durchschnittliche THC-Gehalt auf 15%, so erreicht man mit 50 Gramm Cannabis exakt das gesetzliche Limit von 7,5 Gramm THC. Bei einem THC-Gehalt von 20% in 50 Gramm Cannabis kommt man sogar auf 10 Gramm THC, was bereits über dem gesetzlich erlaubten Wert liegt und somit illegal wäre.
Die Reaktionen: Verwirrung und Frustration
Die Entscheidung des BGH hat in der Cannabis-Community für Verwirrung und Frustration gesorgt. Viele hatten gehofft, dass die Liberalisierung des Cannabisgesetzes auch eine liberalere Handhabung der THC-Grenzen mit sich bringen würde. Die Kritik richtet sich vor allem darauf, dass der strenge Grenzwert die Intentionen des Gesetzgebers untergräbt und das Ziel der Entkriminalisierung teilweise zunichte macht.
Zweifel an der Verfassungskonformität
Der BGH setzt sich mit seiner Entscheidung bewusst gegen den Gesetzgeber und die Intention des KCanG, welches eine liberalisierte Handhabung vorsah. Konstantin Grubwinkler, ein renommierter Jurist und Spezialist für Betäubungsmittelstrafrecht und das neue Konsumcannabisgesetz, hat diese Entscheidung analysiert und kommt zu dem Schluss, dass sie möglicherweise verfassungswidrig ist. Er argumentiert, dass der strenge Grenzwert von 7,5g THC den Abstand zwischen normaler Strafbarkeit und besonders schwerem Fall unangemessen schmälert, was gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt.
Widersprüchliche Gerichtsentscheidungen und strukturelle Mängel
Die Rechtsprechung ist seit der Gesetzesänderung am 1. April uneinheitlich. Einige Gerichte haben bereits Grenzwerte von 20g, 50g, 75g oder 100g THC als nicht geringe Menge angesehen. Die Entscheidung des BGH, an 7,5g festzuhalten, überrascht daher und wirkt systematisch fehlerhaft. Der Erste Strafsenat des BGH ignoriert die Notwendigkeit eines deutlichen Abstands zwischen der Strafbarkeit und besonders schweren Fällen, was die Risiken einer nicht verhältnismäßigen Bestrafung erhöht.
Verfassungskonforme Auslegung notwendig
Die Festlegung des BGH könnte dazu führen, dass das neu geltende Cannabisgesetz nicht in der intendierten Weise angewendet wird und Konsumenten für geringfügige Überschreitungen unverhältnismäßig hart bestraft werden. Es bleibt abzuwarten, ob andere Senate des BGH oder das Bundesverfassungsgericht hier korrigierend eingreifen werden, um eine verfassungskonforme Auslegung zu gewährleisten.
Was bedeutet das für die Zukunft?
Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Diskrepanz zwischen Gesetzgebung und richterlicher Interpretation in der Praxis auswirken wird. Sicher ist, dass der BGH mit seinem Beschluss eine klare Linie gezogen hat. Für die Zukunft könnte dies bedeuten, dass trotz der gesetzlichen Neuregelungen, eine vollständige Entkriminalisierung und Normalisierung von Cannabis noch einige Hürden zu überwinden hat.
Abschlussgedanke
In einer Welt, die sich immer mehr für die Vorteile von Cannabis öffnet, ist es entscheidend, dass die Gesetze, die Richtlinien und die Gerichtsentscheidungen Hand in Hand gehen, um eine faire und gerechte Behandlung für alle zu gewährleisten. Die aktuelle Entscheidung des BGH stellt jedoch eine Herausforderung für dieses Ziel dar und könnte die Cannabis-Reform in Deutschland signifikant beeinträchtigen.